Endometriose betrifft 76 Millionen Frauen weltweit (allein in Italien 3 Millionen). Trotz der sehr hohen Prävalenz ist die Endometriose immer noch wenig bekannt, und es dauert oft lange, bis eine endgültige Diagnose gestellt wird – im Durchschnitt 7,4 Jahre voller Schwierigkeiten und Missverständnisse seitens der Medizin, Familie und Freunde. Diese Verzögerung bei der Diagnose, die hauptsächlich auf die gesellschaftliche Tendenz zurückzuführen ist, weibliche Schmerzen zu unterschätzen, erhöht das Risiko für Komplikationen, von denen einige schwerwiegend und irreversibel sein können. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, die Öffentlichkeit, insbesondere Frauen und junge Frauen, für diese Krankheit zu sensibilisieren.
Im September 2018 veröffentlichte die St. George’s University School of Medicine (Spanien) in Zusammenarbeit mit der Seattle Science Foundation (USA) eine Übersicht über die gesamte wissenschaftliche Literatur zu diesem Thema. Nachfolgend fassen wir die wichtigsten Punkte zusammen.
Was ist Endometriose?
Unter „Endometriose“ versteht man das Vorkommen von Endometriumgewebe an anormalen oder ektopen Stellen (außerhalb der physiologischen Lage). Histologisch wird Endometriose definiert als das Vorhandensein von Endometriumgewebe oder -zellen außerhalb der Gebärmutterhöhle – in diesem Fall spricht man von „endometriotischem Gewebe“.
Das ektopische Endometriumgewebe reagiert, ähnlich wie das innerhalb der Gebärmutterhöhle, zyklisch auf hormonelle Stimulation, wächst und blutet. In einem geschlossenen Umfeld ohne Abflussmöglichkeit kommt es zu einer inneren Ansammlung von Blut.
Endometriose kann asymptomatisch sein, doch die häufigsten klinischen Symptome sind: Menstruationsschmerzen, Chronische Beckenschmerzen, Dyspareunie (Schmerzen beim Geschlechtsverkehr), Menorrhagie (starke Menstruationsblutungen), Dyschezia (Defäkationsstörungen).
Die Schmerzen wirken sich oft negativ auf die Lebensqualität der Betroffenen aus. Besonders der Beckenschmerz bei Frauen mit Endometriose wird häufig als Schmerz vor Beginn der Menstruation beschrieben, sowie als tiefe Dyspareunie, die sich während des Menstruationsflusses verschlimmert. Zusätzlich können Kreuz- und Rückenschmerzen während der Menstruation auftreten.
Die Prävalenz der Endometriose liegt bei 5–10 % der Frauen im gebärfähigen Alter und kann bei Frauen mit Unfruchtbarkeit sogar bis zu 35 % erreichen.
Risikofaktoren für Endometriose
Zu den Risikofaktoren für Endometriose gehören:
- Frühe Pubertät: Ein Menarchealter (erste Menstruation) unter 11 Jahren.
- Starke und lange Menstruationsblutungen.
Diese Faktoren erhöhen das Risiko für eine Kontamination mit Menstruationsblut und somit die Wahrscheinlichkeit, Endometriose zu entwickeln.
Lokalisation und Stadien der Endometriose
Die häufigsten Stellen für Endometriose im Beckenbereich sind:
- Die Eierstöcke (mit charakteristischen „Schokoladenzysten“),
- Die Gebärmutterbänder und uterosakralen Bänder,
- Die Douglas-Raum,
- Die Eileiter.
Es ist bekannt, dass sich Endometriose auch an extrapelvischen Stellen ausbreiten kann, einschließlich: Magen-Darm-Trakt, Lunge, Leber, Herzbeutel, Gehirn.
Endometriose wird in vier Stadien eingeteilt, wobei Stadium I am mildesten und Stadium IV am schwersten ist. Die Klassifizierung basiert auf der Position und Größe der Läsionen, die während chirurgischer Eingriffe beobachtet werden.
Ursachen der Endometriose
Es gibt viele Hypothesen zur Pathogenese der Endometriose (Implantation oder Metastase, Metaplasie von Stammzellen), doch ein wissenschaftlicher Konsens wurde noch nicht erreicht.
Die am weitesten verbreitete Theorie ist die „Implantationstheorie“, die die Bildung einer frühen Läsion in der Gebärmutter beinhaltet. Diese würde als „Nest“ für die Proliferation von Endometriumgewebe dienen. Das Endometriumgewebe verbreitet sich anschließend durch retrograde Menstruation in andere Beckenregionen, mit Anheftung und Invasion des Peritoneums. Dies führt letztlich zur Bildung von ektopischem Endometriumgewebe außerhalb der Gebärmutter.
Da jedoch die meisten Frauen eine retrograde Menstruation erfahren, aber nur 10 % an Endometriose erkranken, reicht diese Theorie allein nicht aus. Daher wurde die „Stammzelltheorie“ vorgeschlagen, bei der Stammzellen über die retrograde Menstruation ins Peritoneum gelangen. Endometriose, die durch Stammzellen verursacht wird, neigt zu schwereren Formen, da Stammzellen eine größere Plastizität und eine höhere Fähigkeit zur Differenzierung und Proliferation besitzen.
Symptome der Endometriose
Die Hauptsymptome sind zwei Schmerzarten:
Viszeraler Schmerz, der von inneren Organen wie Blase, Gebärmutter und Rektum ausgeht,
Somatischer Schmerz, der durch die Aktivierung sensorischer Nerven in der Haut und in tieferen Geweben entsteht.
Der Schmerz bei Endometriose ist eine komplexe Erfahrung, da beide Schmerzarten in unterschiedlicher Intensität und Kombination auftreten. Dies trägt zur Komplexität der Behandlung bei.
Die Diskussion darüber, ob das Schmerzerleben von Patientinnen mit Endometriose neuropathisch (verursacht durch Nervenschäden, die Schmerzsignale auch ohne reale Reize senden) oder nozizeptiv (verursacht durch tatsächliche schmerzhafte Reize) ist, bleibt offen. Dies liegt daran, dass bei einigen Patientinnen die Schmerzen nach der chirurgischen Entfernung der endometriotischen Läsionen verschwinden.
Die Schmerzen bei diesen Patientinnen werden entzündlichen Prozessen zugeschrieben, die nach nicht-neuronalen Gewebeschäden auftreten. Bei anderen Patientinnen bestehen die Schmerzen auch nach der chirurgischen Entfernung der Läsionen weiter, da sich durch die über Jahre andauernden Entzündungsprozesse Nervenschäden entwickelt haben.
Diese unterschiedlichen Merkmale erschweren die Behandlung der Patientinnen erheblich und machen die Wahl der am besten geeigneten und wirksamsten Therapie komplex.
Unfruchtbarkeit und Endometriose
Unfruchtbarkeit ist eine häufige Komplikation, die unabhängig vom Stadium der Krankheit auftreten kann. Die umfangreiche Kohortenstudie von Prescott et al. hat gezeigt, dass Frauen unter 35 Jahren mit Endometriose ein erhöhtes Risiko für Unfruchtbarkeit haben, das auf endometriotische Läsionen oder Verzerrungen der normalen Beckenanatomie zurückzuführen sein kann.
Zudem wurde nachgewiesen, dass Frauen mit Endometriose eine Zunahme von Makrophagen (Immunzellen) und spezifischen Zytokinen (Entzündungsmarkern) aufweisen. Dies ist auf die akute Entzündung zurückzuführen, die durch die Anwesenheit ektoper endometriotischer Implantate verursacht wird. Makrophagen halten einen Zustand chronischer Entzündung aufrecht und führen zur Bildung von Adhäsionen sowie zur Angiogenese (Bildung neuer Blutgefäße, die das Gewebewachstum fördern). Es wird angenommen, dass die Zunahme von Makrophagen und Narbengewebe die normale Beweglichkeit der Spermien sowie die Funktion der Flimmerhärchen in den Eileitern beeinträchtigen kann. Die Entwicklung von Adhäsionen könnte den normalen Transport des befruchteten Embryos in den Eileitern behindern und somit Unfruchtbarkeit verursachen.
Diagnose und diagnostische Verfahren
Die ersten diagnostischen Schritte umfassen körperliche Untersuchungen und eine Beckenultraschalluntersuchung während einer gynäkologischen Untersuchung.
Die Magnetresonanztomographie (MRT) des Beckens ist heute die beste Bildgebungsmethode bei Patientinnen mit tief infiltrierender Beckenendometriose, da sie hochauflösende Bilder liefert.
Die MRT ermöglicht auch die Visualisierung von Läsionen, die durch Ultraschall möglicherweise nicht sichtbar sind, und bietet eine vollständige Darstellung aller Beckenkompartimente. Aufgrund ihrer hohen Kosten wird sie jedoch nicht immer empfohlen.
Eine weitere zuverlässige Methode zur Diagnose der Endometriose ist die Laparoskopie mit Biopsie, um das Vorhandensein von endometriotischem Gewebe histologisch nachzuweisen. Dies bleibt jedoch die invasivste diagnostische Methode.
Klassische Therapien gegen Endometriose
Leider gibt es bisher keine heilende medikamentöse Therapie für Patientinnen mit Endometriose. Ziel der Therapien ist eine frühzeitige Diagnose, eine Behandlung zur Verhinderung des Fortschreitens der Krankheit und eine Verbesserung der Lebensqualität der Patientin.
Die initiale Hormontherapie zur Schmerzlinderung kann durch die Verwendung einer kombinierten hormonellen Verhütung oder durch das Einsetzen eines hormonfreisetzenden Intrauterinpessars erfolgen.
Die zweite Linie der Hormontherapie umfasst niedrig dosiertes Gestagen, das Östrogene antagonisiert und somit das Gewebewachstum hemmt.
Der chirurgische Eingriff ist die Hauptbehandlung für unfruchtbare Patientinnen mit Endometriose. Dieser Ansatz kann die Wahrscheinlichkeit einer spontanen Empfängnis erhöhen oder als Vorbereitung für eine In-vitro-Fertilisation bei Patientinnen mit schwerer Endometriose dienen.
Die Chirurgie wird auch für Patientinnen mit starken Schmerzen gewählt, die durch alleinige medikamentöse Therapie nicht gelindert werden können.
Eine Hysterektomie (teilweise oder vollständige Entfernung der Gebärmutter) wird bei schwerer, beeinträchtigender und therapieresistenter Endometriose empfohlen, insbesondere bei Frauen, die keine Schwangerschaft wünschen oder nach einer Schwangerschaft, wenn andere therapeutische Maßnahmen nicht wirksam waren.
Eine postoperative suppressive medikamentöse Therapie (Eierstockunterdrückung) wird für Patientinnen empfohlen, die sich einer chirurgischen Behandlung wegen Endometriose unterzogen haben, da sie eine längere Schmerzlinderung im Vergleich zur alleinigen Chirurgie bietet.
Nach der Operation können neue Läsionen in der Nähe der zuvor festgestellten und nicht vollständig entfernten Läsionen auftreten.
Patientinnen, die sich einer konservativen Chirurgie unterzogen haben, haben ein höheres Risiko, erneut betroffen zu sein.
Bibliographie
Alimi Y, Iwanaga J, Loukas M, et al. (September 25, 2018). The Clinical Anatomy of Endometriosis: A Review. Cureus 10(9): e3361. DOI 10.7759/cureus.3361